Angedacht 4/2023

„Eine königliche Gesellschaft“

Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, wie viele königliche Gestalten sich in und um den Stall von Bethlehem tummeln? Eine illustre Gesellschaft kommt da zusammen Da sind einmal die „Heiligen Drei Könige“ Eigentlich sind sie gar keine Könige, sondern Weise aus dem Morgenland Mt 2 1 Erst die kirchliche Tradition hat sie zu Königen gemacht Aber zählen wir sie dazu Dann lauert im Hintergrund der böse König Herodes Er fürchtet um seine Macht Deshalb trachtet er dem Jesuskind nach dem Leben Dann, weit weg in Rom, aber durch seine Steuerschätzung am Geschehen beteiligt, sitzt seine Majestät Augustus, der Kaiser von Rom Er befiehlt eine Volkszählung Deshalb ziehen Maria und Josef nach Bethlehem Sie müssen sich dort in Steuerlisten eintragen lassen Lk 2 1 Auch im Hintergrund gegenwärtig ist König David Er hat schon 1000 Jahre vor Christus gelebt Trotzdem gehört er dazu Nach Matthäus 1 ist er ein direkter Vorfahre Jesu Wie Jesus ist auch er in Bethlehem geboren Er gilt in Israel bis heute als der ideale König An ihm müssen sich alle seine Nachfolger messen lassen Auch Jesus Jesus wird am Palmsonntag bei seinem Einzug in Jerusalem von der Menge begrüßt mit den Worten ::„Hosanna dem Sohne Davids“ Jh 11 Betrachten wir schließlich ihn, den kleinsten der um den Stall von Bethlehem versammelten Königen Jesus selbst in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend Er ist der Mittelpunkt des Geschehens.

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Angedacht 4/2022

Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern

Jetzt ist Adventszeit. Adventszeit ist Übergangs-zeit. Adventszeit ist Weg. Adventszeit hat ein Ziel: Weihnachten. - Jesus – und mit ihm Gott selbst – kommen in die Welt. Es ist spannend, auf jemanden zu warten. Je wichtiger die Person ist, auf die wir waren, desto spannender ist diese Zeit. - Zwillinge wurden gleich nach der Geburt ge-trennt. Sie wuchsen in unterschiedlichen Familien auf. Nach 26 Jahren hatten sie den ersten Kontakt miteinander. Sehr behutsam gingen sie aufeinander zu. Zunächst telefonierten sie.

Dann schrieben sie sich Briefe. Schließlich trafen sie sich. Die jungen Frauen erzählten, wie unerträglich die Spannung war, bis sie sich endlich begegnen konnten. Aber wie wichtig es für sie war, sich diese Zeit zu lassen, die Spannung, das „Dazwischen“ auszuhalten.

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Angdacht 3/2022

Fast ein Gebet

Die 4 Bitte im Vaterunser lautet ::„Unser tägliches Brot gib uns heute!“ Luther schreibt dazu im Kleinen Katechismus ::„Was heißt denn tägliches Brot? Alles, was not tut für Leib und Leben, wie Essen und Trinken, Kleider und Schuh, Haus und Hof, Acker und Vieh, Geld und Gut, fromme Eheleute, Kinder und Gehilfen, fromme und treue Oberherren, gute Regierung, gut Wetter, Friede, Gesundheit, Zucht, Ehre, gute Freunde, getreue Nachbarn und desgleichen."

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Angedacht 1/2022

Fastenzeit und Sieben Wochen Ohne

Am Aschermittwoch, am 2 März hat die Fastenzeit begonnen. Was katholische Christen schon lange praktizieren, ist auch bei evangelischen Christen „in Mode“ gekommen. In der Evangelischen Kirche wird diese Zeit auch „Sieben Wochen ohne“ genannt. In ihr verzichten Menschen ganz bewusst auf etwas, von dem sie das Gefühl oder die Befürchtung haben, in eine Abhängigkeit geraten zu sein Alkohol, Auto, Handy, Fleisch, Zucker, Zigaretten oder sonstiges. Andere nehmen sich für diese Zeit ganz bewusst vor, möglichst täglich etwas zu tun, was sonst zu kurz kommt. Sport eine gemeinsame Mahlzeit mit der Familie täglich eine halbe Stunde Ruhe, in der die Gedanken sortiert und vielleicht sogar zu Papier gebracht werden können. - Fastenzeit /  Sieben Wochen ohne - das soll keine Zeit sein, sich zu kasteien oder Disziplin aufzuerlegen, sondern eine Zeit, in der ich mir oder meiner Familie oder der Umwelt etwas Gutes tue, indem ich auf etwas verzichte.

Eine Woche vor Aschermittwoch, am 24 Februar begann der militärische Angriff Russlands auf die Ukraine Die Menschen vor allem in der Ostukraine werden von unvorstellbarem Leid heimgesucht Millionen sind auf der Flucht Zivilisten und Soldaten kommen zu Tode Wie viele es sind, weiß niemand Ihre Zahl geht in die Tausende Auch wir spüren die Auswirkungen des Krieges Die Preise für Benzin, Diesel, Heizöl und Gas sind in bisher nicht vorstellbare Höhen geklettert Manche warnen vor Engpässen Wer Speiseöl, Mehl oder Toilettenpapier kaufen will, steht in den Geschäften vor leeren Regalen Schon wieder Hier sind wohl Hamsterkäufe und nicht Lieferengpässe die Ursache Der Krieg in der Ukraine nötigt auch uns Verzicht oder wenigstens Einschränkungen auf.

Die beiden Ursachen für mögliche Einschränkungen in dieser Zeit könnten größer nicht sein Hier ein freiwilliges Fasten dort ein schrecklicher Krieg, ein Inferno für die Menschen in der Ukraine Und doch haben beide etwas Gemeinsames Wir leisten Verzicht, um uns aus gefährlichen Abhängigkeiten zu befreien Das tut weh beim Tanken und beim Verzicht auf das tägliche Glas Wein Aber wir werden dabei freier Wir merken, wie kostbar das ist, wofür die Ukraine kämpft Freiheit, Demokratie, Selbstbestimmung.

Gott will, dass wir als freie, selbst bestimmte Menschen leben Er will nicht, dass wir unser Leben lebensfeindlichen Abhängigkeiten opfern Dafür hat er gelitten Dafür ist er gestorben Daran denken wir in der Fastenzeit, in den sieben Wochen vor Ostern.

Sehr herzlich, Ihr Pfarrer Jörg Scheerer

Angedacht 2/2021

Meine Zeit steht in Deinen Händen

Urlaubszeit – Zeit der Ruhe, Zeit der Entspannung. Hoffentlich! Tage, Wochen, die wir genießen und hoffentlich nicht durch neue Einschränkungen im Zusammenhang mit der Corona Krise zurückgepfiffen werden. Nach den Einschränkungen der vergangenen Monate ist das für viele eine besonders wertvolle Zeit. – Urlaubszeit ist auch eine gute Gelegenheit, uns über unsere Zeit Gedanken zu machen. Denn Zeit ist eine besondere Größe. Keine Sekunde können wir vor, keine zurückspringen. Wieviel Lebenszeit uns bleibt, wissen wir nicht. Ein indisches Sprichwort sagt: „Achte auf diesen Tag. Er ist das kostbarste, was du hast. Gestern? Das ist vorbei. Der morgige Tag? Er ist ein Schemen. Heute lebst du.“ – Vom amerikanischen Bürgerrechtler und Pfarrer Martin Luther King stammt der Satz: „Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens.“ Dieser Satz ermahnt uns, uns jetzt Zeit zu nehmen für die wichtigen Dinge des Lebens, für die schönen Dinge, die wir immer wie-der aufgeschoben haben; für die Menschen, die wir lieben, mit denen wir unsere Zeit teilen wollen. Zu Orten aufzubrechen, an denen wir Zeit verbringen möchten – zum Beispiel jetzt im Urlaub.

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Weihnachten wird trotzdem

Viele denken: Dieses Jahr wird kein richtiges Weihnachten. Alles ist anders. Corona verdirbt uns die Stimmung. Rechts sehen wir einen Linolschnitt von Joachim Schuster. Das Bild zeigt eine weihnachtliche Szene. Beim genauen Hinschauen sehen wir: Das Kind in der Krippe, Maria und Josef, Ochs und Esel sind in den Hintergrund gerückt. Im Vordergrund sitzt ein Wirt. Er säuft. Ein Krug liegt zerbrochen am Boden. Ein zweiter steht zum Nachschenken bereit. Dem Weihnachtsgeschehen hat er den Rücken gekehrt. Das Wunder der Weihnacht sieht er nicht. Er sieht nicht den Stern, der über seinem Haus leuchtet. Er hört nicht den Jubel der Engel. Aber verurteilen wir diesen Wirt nicht. Wir wissen nicht, was ihn verzweifeln, was ihn saufen lässt. Allerdings: Er und seine Stimmung können Weihnachten nicht aufhalten. Weihnachten wird trotzdem. Der Stern strahlt. Er kann Sauflieder grölen. Die Engel singen trotzdem. Denn als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn.

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Angedacht 2/2020

„Auf dem Wege sein ...“

Simone EttmüllerZurzeit sind wieder viele Menschen auf dem Weg. Nachdem wir in den vergangenen Wochen Monaten wegen Corona an unser Zuhause gebunden waren, drängt es uns jetzt umso mehr aufzubrechen, uns auf den Weg zu machen – hinaus ins Grüne, zu Freunden und Verwandten, in den Urlaub. Nicht nur nach solchen Ausnahmesituationen, wie wir sie jetzt hoffentlich bald hinter uns haben und zur Urlaubszeit gilt: Menschen wollen unterwegs sein.

Die Bibel ist voll von Geschichten von Menschen, die unterwegs sind. In der Sommerpredigtreihe wird uns jeden Sonntag eine Predigt begegnen, die eine „Weg-Geschichte“ zum Inhalt hat. - Die Geschichte von Gott und seinem Volk beginnt damit, dass sich einer auf den Weg macht. Abraham bekommt den Auftrag: „Geh in ein Land, das ich dir zeigen will!“ Mose führt das Volk Israel aus Ägypten ins Gelobte Land. Auf dem Weg durch die Wüste erweist sich Gott als ein „beweglicher“ Gott: Er geht ihren Weg mit. Die Bundeslade gilt als Ort seiner Anwesenheit. Die Lade steht in der so genannten „Stiftshütte“. Das ist ein Zelt, das als „mobiler Tempel“ dient. Später erhält Gott im Jerusalemer Tempel ein festes Haus. Im 6. Jahrhundert vor Christus wird dieser Tempel zerstört und de Bewohner von Jerusalem in die Verbannung nach Babylonien geführt. Aber auch im fernen Babylonien dürfen die Israeliten erfahren: Gott hat uns hierher begleitet. Gott begegnet uns in den Schriften der Väter und in den Worten der Propheten - in der Heiligen Schrift. (Bild: Simone Ettmüller / www.simone-ettmueller.de)

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Angedacht 1/2020

„Sieben Wochen ohne – sieben Wochen anders“

Liebe Leserinnen und Leser,

Die Zeit von Aschenmittwoch bis Karsamstag ist Fastenzeit. Was bei katholischen Christen schon lange praktiziert wird, kommt auch, bei evangelischen Christen immer mehr, „in Mode“. Der neue Begriff für Fastenzeit heißt SIEBEN WOCHEN OHNE und bedeutet, sieben Wochen bewusst auf etwas zu verzichten. Manche essen sieben Wochen lang kein Fleisch. Manche verzichten sieben Wochen lang auf Süßes. Manche trinken sieben Wochen lang keinen Alkohol. Sehr unterschiedlich gestalten Menschen diese SIEBEN WOCHEN OHNE. Dabei geht es ihnen nicht darum, sich weh zu tun, sich Verzicht abzuringen, sich Disziplin aufzuerlegen. Es geht darum, einmal sieben Wochen lang einen andern Weg zu gehen; etwas anders zu machen und neue Möglichkeiten auszuprobieren.

SIEBEN WOCHEN OHNE – SIEBEN WOCHEN ANDERS heißt: Ich ändere einmal probehalber meine Gewohnheiten. Ich teste neue Möglichkeiten. Ich bin so frei. Ich gehe die Dinge, die mir zur Last werden können, versuchsweise einmal anders an. Da fährt zum Beispiel einer sieben Wochen lang nicht mit dem Auto, sondern mit dem Bus zur Arbeit. Er merkt: Das funktioniert. Er braucht länger, aber er hat jetzt Zeit zum Lesen. Er trifft andere Menschen. Er kommt entspannter am Arbeitsplatz an.

Ein anderer verzichtet auf das eine oder andere Glas Wein am Abend. Er versucht sich anders zu entspannen. Er merkt, wie schwer ihm das fällt; wie sehr er sich schon an den allabendlichen Alkohol gewöhnt hat. Gut, dass er nun lernt, auf Alkohol zu verzichten, solange es noch geht.

Einer, den sein Beruf aufzufressen droht, nimmt sich vor, jeden Tag für eine Stunde einen Spaziergang zu machen – sieben Wochen lang, obwohl die Arbeit schreit. Manchmal geht seine Frau mit. Manchmal ein Freund. Zweimal auch schon sein Sohn. Für sie ist es ungewöhnlich, Zeit für einander zu haben, etwas zusammen zu unternehmen. Er spürt, wie gut ihm das tut. Darauf will er auch nach den SIEBEN WOCHEN OHNE nicht mehr verzichten.

Eine Frau, die oft einsam ist, nutzt die sieben Wochen, ihr Schneckenhaus zu verlassen. Sie lädt Menschen ein, lässt sich einladen und nimmt an einem Aquarellkurs der Volkshochschule teil.

In unserer Kirchengemeinde trifft sich in den sieben Wochen vor Ostern eine Gruppe, die an der „Fastenaktion für Klimaschutz & Klimagerechtigkeit“ der Katholischen und der Evangelischen Kirche teilnimmt. In dieser Gruppe werden u.a. Themen wie „Ökologischer Fußabdruck“, Fragen zu unserem Energieverbrauch und zu unserer Mobilität besprochen, und was wir ändern können, um die Schöpfung zu schonen.

SIEBEN WOCHEN ANDERS - mit ihnen soll sich niemand überfordern. Es ist genug, es einmal für sieben Wochen anders zu machen, sieben Wochen lang einen anderen Weg zu gehen. Dabei kann eine Spur gelegt werden, in der ich mich auch nach den sieben Wochen noch bewegen möchte: Hin und wieder mit dem Bus zur Arbeit; weiterhin regelmäßig Bewegung an der frischen Luft, das könnte das Ergebnis von SIEBEN WOCHEN OHNE sein. Für viele, die an dieser Fastenaktion teilnehmen, werden die SIEBEN WOCHEN OHNE oft zu SIEBEN WOCHEN MIT - zu einer Zeit mit mehr Lebensqualität, mit mehr Lebensenergie und mit mehr Lebensmöglichkeit. Das ist gut so, denn Gott will nicht, dass wir unser Leben lebensfeindlichen Gewohnheiten opfern. Er will nicht, dass wir uns auffressen lassen. Er will, dass wir leben. Das ist die Botschaft von Ostern.

Für das ganze Redaktionsteam ,
Ihr Pfarrer Jörg Scheerer