Von der Willkommenskultur zur Integration

Das Thema Flüchtlinge ist kein kurzlebiges, flüchtiges Thema. Es beschäftigt uns seit Monaten anhaltend. Das hat viele Gründe. Zunächst bleiben leider die Fluchtursachen wie Krieg, Hunger oder Gewalt. Ja sie verschärfen sich in unserer Welt teilweise noch. Und dann werden viele der uns zugewiesenen Flüchtlinge in Crailsheim auf Jahre hinaus bleiben, selbst wenn der Landkreis Notunterkünfte wie in Altenmünster plötzlich schließt.

 

Wir befinden uns eben in Deutschland auf keiner Insel, die sich nach außen hin einfach abschotten könnte. Wir sind zweifellos Teil einer bewegten Welt, die mit ihren Notlagen vor keiner Grenze oder Mauer haltmacht.

 

Natürlich bewältigen wir nicht die Not aller. Aber die, die da sind, haben nicht nur alle Pflichten, wie jeder unserer Mitbürger, sondern auch alle Rechte. Wenn die bereitgestellten Häuser in Crailsheim belegt sind, werden es über 500 Menschen sein, rechnet man jene hinzu, die bereits eine Wohnung gefunden haben oder in einer sogenannten städtischen Anschlussunterbringung untergekommen sind.

 

Der Freundeskreis Asyl hat im April 2014 mit seiner Arbeit begonnen. Es fand sich damals eine große Gruppe Interessierter im Rathaus ein, die alle irgendwie helfen wollten, obwohl weit und breit noch kein Asylbewerber zu sehen war. Es ging diesen Helfern vor allem um eine gute Willkommenskultur, wie man damals sagte. An Selfies dachte dabei niemand, aber an einen herzlichen Empfang.

 

So entstand die Keimzelle unserer Arbeit, der Kaffeenachmittag am Mittwoch, zu dem reihum Frauen der verschiedenen Kirchen und religiösen Gemeinschaften Kuchen gebacken haben. In drangvoll engen Gemeinschaftsräumen der Asylunterkunft wurde so eine erste Kontakt-aufnahme zu den Flüchtlingen möglich.

 

Obwohl unsere Freunde eine andere Sprache sprachen, konnten sie doch deutlich ihre Wünsche äußern. Sie wünschten sich vor allem Schuhe, Sportkleidung und Fahrräder. Da es von Seiten des Staates noch keine aus-reichenden Sprachkurse gab, wurden von unserer Seite entsprechende Angebote entwickelt.

 

Mit Arbeit in gemeinnützigen Einrichtungen, Praktika in Betrieben und Trainingsangeboten in Sportvereinen sowie in einer eigenen Fußballmannschaft gaben wir den Flüchtlingen außerdem die Möglichkeit, ihre Zeit sinnvoll zu gestalten. Das geschah alles in den ersten Monaten draußen in der Friedrich-Heyking-Strasse. Im überschaubaren Kreis waren auch Gespräche, Beratungen und die Begleitung zu Ärzten möglich.

 

Dann stiegen die Zahlen unserer Asylbewerber, und es wurden neben der Notunterkunft in der Flügelau weitere Sammelunterkünfte in Crailsheim belegt, im Telecom-Gebäude, in Onolzheim, in der Brunnenstrasse, in der Hardtstrasse und in der Gaildorferstrasse. Dabei haben sich viele Mitarbeiter aus der Gemeinde Altenmünster unter der Regie des Pfarrerehepaares eingefunden, die in vorbildlicher Weise die Nöte in der Notunterkunft lindern halfen.

 

Gleichzeitig bildeten sich je eigene Mitarbeiterkreise in den weiteren Sammelunterkünften. Deren Verantwortliche treffen sich regelmäßig im sogenannten „Inneren Kreis“ zum Erfahrungs-austausch. So hat sich im Lauf der Zeit eine stabile Struktur des Freundeskreises herausgebildet, die auch nötig ist, wenn die immer komplizierter werdenden Aufgaben in der Flüchtlingsarbeit von Ehrenamtlichen bewältigt werden sollen.

 

Wir brauchen Fachleute für die verschiedenen Gebiete wie Sprache, Arbeitsplätze, Formulare, Lernwerkstatt für Metall und Holz, Wohnungen, Kleiderkammer, Pressearbeit, Sport, Nachhilfe usw.

 

Die öffentlichen Hilfsangebote sind oft viel zu bürokratisch, sodass ihre Programme nicht immer die Wirkung zeigen, die sie haben könnten und sollten.

 

Wie gut, dass die Stadt Crailsheim eine Flüchtlingsbeauftragte hat, die uns eine große Menge an Arbeit abnimmt. Erfreulich unkompliziert ist außerdem das Vorgehen der Ausländerbehörde in Crailsheim. Und nicht vergessen werden sollte, dass inzwischen auch die evangelische Kirche im Diakonieverband eine hauptamtliche Stelle für die Flüchtlingsarbeit eingerichtet hat.

 

Man sieht, es geht nun nicht mehr nur um eine gute Willkommenskultur – das sicher auch noch, denn es kommen ja weiterhin neue Flüchtlinge aus dem Nahen Osten und aus Afrika bei uns an. - Es geht jetzt aber vor allem um Integration, und das heißt, um die Aufnahme von Flüchtlingen in unserer direkten Nachbarschaft.

 

Dass es dabei zu einem guten, fruchtbaren Miteinander kommt, brauchen wir Menschen, die Wohnraum an Flüchtlinge abgeben. Menschen, die von ihrem Berufswissen an Asylbewerber etwas weitergeben. Menschen, die, ob jung oder alt, Fremde begleiten und an ihrem Leben anderen ein Stück weit Anteil geben. Das ist nicht nur menschlich, sondern für eine Gemeinde Jesu Christi auch biblisch.

 

Peter Pfitzenmaier, Sprecher des Freundeskreises Asyl Crailsheim