Angedacht 1/2022

Fastenzeit und Sieben Wochen Ohne

Am Aschermittwoch, am 2 März hat die Fastenzeit begonnen. Was katholische Christen schon lange praktizieren, ist auch bei evangelischen Christen „in Mode“ gekommen. In der Evangelischen Kirche wird diese Zeit auch „Sieben Wochen ohne“ genannt. In ihr verzichten Menschen ganz bewusst auf etwas, von dem sie das Gefühl oder die Befürchtung haben, in eine Abhängigkeit geraten zu sein Alkohol, Auto, Handy, Fleisch, Zucker, Zigaretten oder sonstiges. Andere nehmen sich für diese Zeit ganz bewusst vor, möglichst täglich etwas zu tun, was sonst zu kurz kommt. Sport eine gemeinsame Mahlzeit mit der Familie täglich eine halbe Stunde Ruhe, in der die Gedanken sortiert und vielleicht sogar zu Papier gebracht werden können. - Fastenzeit /  Sieben Wochen ohne - das soll keine Zeit sein, sich zu kasteien oder Disziplin aufzuerlegen, sondern eine Zeit, in der ich mir oder meiner Familie oder der Umwelt etwas Gutes tue, indem ich auf etwas verzichte.

Eine Woche vor Aschermittwoch, am 24 Februar begann der militärische Angriff Russlands auf die Ukraine Die Menschen vor allem in der Ostukraine werden von unvorstellbarem Leid heimgesucht Millionen sind auf der Flucht Zivilisten und Soldaten kommen zu Tode Wie viele es sind, weiß niemand Ihre Zahl geht in die Tausende Auch wir spüren die Auswirkungen des Krieges Die Preise für Benzin, Diesel, Heizöl und Gas sind in bisher nicht vorstellbare Höhen geklettert Manche warnen vor Engpässen Wer Speiseöl, Mehl oder Toilettenpapier kaufen will, steht in den Geschäften vor leeren Regalen Schon wieder Hier sind wohl Hamsterkäufe und nicht Lieferengpässe die Ursache Der Krieg in der Ukraine nötigt auch uns Verzicht oder wenigstens Einschränkungen auf.

Die beiden Ursachen für mögliche Einschränkungen in dieser Zeit könnten größer nicht sein Hier ein freiwilliges Fasten dort ein schrecklicher Krieg, ein Inferno für die Menschen in der Ukraine Und doch haben beide etwas Gemeinsames Wir leisten Verzicht, um uns aus gefährlichen Abhängigkeiten zu befreien Das tut weh beim Tanken und beim Verzicht auf das tägliche Glas Wein Aber wir werden dabei freier Wir merken, wie kostbar das ist, wofür die Ukraine kämpft Freiheit, Demokratie, Selbstbestimmung.

Gott will, dass wir als freie, selbst bestimmte Menschen leben Er will nicht, dass wir unser Leben lebensfeindlichen Abhängigkeiten opfern Dafür hat er gelitten Dafür ist er gestorben Daran denken wir in der Fastenzeit, in den sieben Wochen vor Ostern.

Sehr herzlich, Ihr Pfarrer Jörg Scheerer