Angedacht 4/2024

In einem Kind kam Gott zu uns, das will uns selig machen

 

  

Es ist ein winzig Menschenkind
in unsere Welt geboren,
so freut euch, denn Gott hat die Lust
an uns noch nicht verloren.

 

  

Es wächst ein Kind mit jedem Tag
und wird nicht müd’ zu schauen,
es fragt uns, wieviel Sterne sind
und schenkt uns sein Vertrauen.

 

 

Es kommt ein Kind mit kleinem Schritt
in unsere Welt gegangen,
und wieder wird ein altes Lied
von vorne angefangen.

 

Es greift ein Kind nach unsrer Hand
im Weinen und im Lachen,
in einem Kind sprach Gott sein Wort,
das will uns selig machen.

     

Lothar Zenetti

 

Für viele Kinder ist Weihnachten das wichtigste Fest im Jahr. Lange vorher freuen sie sich schon darauf. Für viele Erwachsene hat Weihnachten diese Wichtigkeit verloren. Manche können deshalb Weihnachten nur zusammen mit Kindern feiern. Sie lassen sich gerne bei Kindern und Enkeln einladen. An Weihnachten treten Kinder in den Mittelpunkt. Endlich! Liegt es daran, dass wir Erwachsene uns gerne in unsere Kindheit zurückversetzen lassen und gerne in Erinnerungen baden - wie es damals war an Weihnachten? Liegt es daran, dass Kinder sich ganz vorbehaltlos auf den Glanz von Weihnachten einlassen können? Viel vorbehaltloser als die Erwachsenen, die deshalb gerne vom „Glanz in den Kinderaugen“ am Weihnachtsfest schwärmen? Oder liegt es daran, dass es an Weihnachten um ein Kind geht, das in die Welt hineingeboren wurde? Vermutlich trifft das alles zu.

Da macht sich einer klein und verletzlich, ein Gott sogar. Das können Kinder verstehen. Sie begreifen: Er wird wie wir! Da sucht einer Zugang und Unterschlupf bei den Menschen. Aber ihre Häuser und Herzen bleiben verschlossen. Durch die Umstände seiner Geburt – die Eltern befinden sich in einer fremden Stadt – fällt er durch das soziale Netz der Großfamilie. Er landet in der Futterkrippe eines Stalles. Das trifft den Nerv und die Befürchtungen vieler Menschen. Da entledigt sich einer all seiner Macht und Privilegien. Er beugt sich tief herab ins Erdengeschehen. Er wird einer von uns, ein Mensch zum Anfassen, einer aus Fleisch und Blut. Das weckt bei Machtmenschen wie Herodes Argwohn und Angst. Er hetzt seine Häscher auf das Kind. Wieder werden Kinder zum Opfer von Hass und Gewalt, damals wie heute.

Weihnachten, ein Fest der Kinder und Kindheitserinnerungen. Eigentlich hätte es längst abgeschafft werden müssen. Denn so oft blieben weihnachtliche Erwartungen unerfüllt. So oft wurde der Weihnachtsfriede gebrochen. So oft fielen Menschen einer trügerischen Weihnachtsruhe zum Opfer. So oft wurde Kindern das vorenthalten, was sie brauchen: ein warmes Zuhause, Sicherheit, Zukunft.

Aber das Kind hat überlebt. Damals in Bethlehem, als es sich durch Flucht nach Ägypten dem Morden entzog, und heute, wenn es sich mit seiner einfachen Botschaft noch immer gegen Horden von tolldreist drein lachenden Weihnachtmännern behauptet. Seine Botschaft ist so friedlich wie ein schlafendes Kind. Das stellt unsere Maßstäbe auf den Kopf. Das rührt viele Menschen an. Das will uns selig machen.

- Allen Leserinnen und Lesern des Gemeindebriefes ein frohes Weihnachtsfest und ein gesegnetes, friedvolles Jahr 2025! - Für das Redaktionsteam, Ihr Pfarrer Jörg Scheerer