Angedacht 4/2019

„Wenn dein Herz Kalt ist, kann auch ich dich nicht wärmen“

Liebe Leserinnen und Leser,

Simone EttmüllerVor einiger Zeit las ich diese Inschrift auf einem Ofen: „Wenn dein Herz kalt ist, kann auch ich dich nicht wärmen.“ – Warum mir dieser Satz in der Zeit vor Weihnachten einfällt? – Weil wir besonders in der Advents- und Weihnachtszeit auf der Suche sind nach Wärme und Licht und nach menschlicher Nähe. Weil wir uns besonders an kalten kurzen Wintertagen, wenn uns die Kälte unter die Haut und in die Knochen kriecht, danach sehnen, dass unser fröstelndes Herz warm umfangen wird. Weil wir es besonders in der dunklen Jahreszeit, in der sich unser Vorrat an Farben und Licht verzehrt, nötig haben, unser Herz mit Licht und Helligkeit zu nähren.

Wenn dein Herz kalt ist… - das will heißen: Wenn Du keine Hoffnung mehr hast. Wenn die Beziehungen zu den Menschen in deiner Nähe oberflächlich und kühl bleiben. Wenn keine Begegnung stattfindet, die unser Herz berührt. Wenn mir die Gedanken und Ideen, das Glück und das Leid der anderen egal sind. Wenn ich den Eindruck habe, das Leben zieht an mir vorüber. Wenn ich den Kontakt zu meinen eigentlichen Bedürfnissen verloren habe. Wenn ich nur noch funktioniere. Wenn ich auch von anderen erwarte, dass sie wie ein Rad in einem toten Räderwerk funktionieren.

Viele Menschen spüren, wie kalt ihr Herz ist. Verzweifelt versuchen sie ihm durch ein aufwändig inszeniertes Weihnachtsfest einen Hauch von Wärme und Licht einzuhauchen. Das schürt Erwartungen. Aber wenn dein Herz kalt ist, dann können den noch so aufwändigen Vorbereitungen, dann können den allzu großen Erwartungen doch wieder nur Ernüchterung und Enttäuschung folgen. Als Ersatzbefriedigung für leere kalte Herzen müssen dann volle Teller und volle Gläser und ein überladener Gabentisch herhalten.

Wenn dein Herz kalt ist… - dann hilft kein Ofen, dann helfen keine aufwändig illuminierten Fußgängerzonen und keine noch so stimmungsvollen Weihnachtsmärkte, dann hilft kein mit allen Finessen geschmückter Weihnachtsbaum und nicht der größte Berg an Geschenken.

Warm ums Herz wird mir, wenn ich spüre: Ich bin dir wichtig. Mein Lachen und mein Weinen, meine Fragen ans Leben und mein Versuch, Antworten darauf zu finden, gehen dir zu Herzen. Ich liege dir am Herzen. Warm wird mir, wenn jemand „Du“ sagt und mich meint, mit meinen ganzen Nuancen und Unebenheiten, mit dem was ich kann, und mit dem, was mir schwer fällt. Warm ums Herz wird mir, wenn ich mich von Gott selbst angeredet und ernst genommen fühle. Warm ums Herz wird mir an Weihnachten, wenn ich spüre: Gott selbst, der Ursprung aller Dinge, macht sich auf den Weg zu mir. Das Kind in der Krippe, der Rabbi aus Nazareth, der auferstandene Christus sind Stationen auf seinem Weg zu mir. Mein Herz füllt sich mit Wärme und Licht, wenn ich trotz äußerer Kälte und Dunkelheit spüre: Das Licht selbst, Gott, der Ursprung brennender Liebe klopft bei mir an und bittet um Einlass.

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern unseres Gemeindebriefes eine frohe und gesegnete, eine Herz erfüllende und eine Herz erwärmende Advents- und Weihnachtszeit.

Für das ganze Redaktionsteam
– sehr herzlich, Ihr Pfarrer Jörg Scheerer

(Bild: Simone Ettmüller)