Angedacht 3/2019

Liebe Leserinnen und Leser,

wo ist die Zeit nur geblieben? Fragen Sie sich das auch manchmal? Sei es am Ende einer stressigen Arbeitswoche oder auch, wenn man einmal innehält und zurückblickt auf die vergangenen Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte.
„Hilflos seh ich, wie die Zeit verrinnt. Stunden, Tage, Jahre gehen hin – und ich frag, wo sie geblieben sind.“ - so heißt es in einem bekannten Lied von Peter Strauch.

Gerade hat das Jahr doch erst angefangen und jetzt merkt man schon deutlich, wie die Tage wieder kürzer werden und es Herbst wird. Die Urlaubszeit ist vorüber, die Ferien sind zu Ende und der Alltag hat uns wieder. Dabei hatten wir es uns in den freien Tagen doch fest vorgenommen, uns nicht mehr so stressen zu lassen. Wir wollten uns doch eigentlich nicht mehr von diesen und jenen Dingen unter Druck setzen lassen, sondern alles etwas behutsamer angehen.

Oft hetzen wir von einem Termin zum nächsten und fühlen uns überfordert und unsicher. Hinzu kommen die Sorgen, die wir uns um unsere Angehörigen machen, wenn sie oder auch wir selbst von einer Krankheit betroffen sind. Die Anforderungen und Erwartungen in der Schule und im Beruf scheinen immer größer zu werden und Ängste oder Schuldgefühle können uns das Leben schwer machen. - Wie wird es weitergehen? Wie soll ich das alles schaffen?

Die Armut und das Leid in der Welt lassen uns nicht kalt. Wir fühlen uns überlastet und niedergeschlagen. Dabei sehnen wir uns doch so sehr nach ein bisschen Ruhe und Halt, Sicherheit und Orientierung.

Bereits König David vor über 3000 Jahren kannte diese Sehnsucht. Er wusste, wohin er sich wenden konnte. In Psalm 31 betet er: „Ich aber, Herr, hoffe auf dich. Du bist mein Gott. Meine Zeit steht in deinen Händen.“

Nicht nur damals, auch heute will uns dieses Psalmwort trösten und ermutigen. Es ist Ausdruck einer tiefen Gelassenheit und Gewissheit, dass unser Leben – trotz aller Irrungen und Wirrungen, trotz all unseren Ängsten und unserer täglichen Beschränkung – einen tragenden Grund in einem zeitlosen und liebenden Gott hat. Ihm dürfen wir unser Leben anvertrauen. Ihm müssen wir nichts beweisen, sondern dürfen so sein, wie wir sind. In seine Hände dürfen wir all unsere Sorgen und Lasten legen, aufatmen und gewiss sein, dass er uns vergibt, uns beschützt und trägt. Ich wünsche Ihnen eine gute, gesegnete Zeit!

Mit herzlichen Grüßen

Eva Horch, Kirchengemeinderätin

„Meine Zeit steht in deinen Händen. Nun kann ich ruhig sein, ruhig sein in dir. Du gibst Geborgenheit, du kannst alles wenden. Gib mir ein festes Herz, mach es fest in dir.“

(Peter Strauch)

Angedacht 1/2019

Liebe Leserinnen und Leser,

Strahlen brechen viele aus einem Licht. Unser Licht heißt Christus! (Evangelisches Gesangbuch Nr. 268)
Sie haben es alle gemerkt: Maria Lichtmeß ist vorbei, die Tage werden wieder heller. Die Vögel zwitschern bereits wieder ganz fröhlich dem Morgen entgegen. Die ersten Frühlingsboten recken sich in unseren Vorgärten der Sonne entgegen. Strahlen brechen viele aus einem Licht.
Unser Licht heißt Christus.

Es gibt Tage, die sind hell und klar. Beschwingttreten wir dem Tag entgegen. Es gibt Tage, die bleiben verhangen und düster. Nur mühsam raffen wir uns auf und schleppen uns durch die nicht enden wollenden Stunden. Wir sind und bleiben gebunden an die Erde und strecken zugleich unsere Arme aus gen Himmel, von dem wir alles Heil erwarten dürfen.

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Angedacht 4/2018

Liebe Leserinnen und Leser,

wenn an den Weihnachtsfeiertagen die Nächte am längsten sind und wir in den Kirchen das Fest der Christgeburt begehen, dann scheint die Zeit auf einmal still zu stehen. In volkstümlichen Liedern aus Bayern heißt sie die „staade Zeit“. Wenn dazu noch einige Urlaubstage kommen, wegen der vielen Feiertage und der Betriebsferien, dann ist mancher froh, einmal richtig Atem holen zu können. Eine wohltuende Pause inmitten all der Betriebsamkeit.

Warum machen nun wir Wildermuths uns ausgerechnet kurz nach Weihnachten auf den Weg ins Ruhestandsdomizil und wagen den Aufbruch und Umbruch bald nach Neujahr?
Hat nicht Jesus selbst in seiner Rede von der großen Bedrängnis gesagt: „Bittet aber, dass es nicht im Winter geschehe.“?
Wäre jetzt nicht besser Ruhe angesagt? Das Bleiben im Vertrauten?

Nein, ich finde es passend und stimmig, dass mein Dienst in Altenmünster mit den Weihnachtsfeiertagen endet. Im Christfest erleben wir noch einmal eine Konzentration auf den Kern der biblischen Botschaft.

Denn es ist das Fest der Zuwendung Gottes zu uns Menschen. Der ewige, allmächtige Gott neigt sich dieser schuldbeladenen, verworrenen und sich nach Erlösung sehnenden Welt zu. Er geht in sie ein, nimmt Fleisch und Blut an, wird Mensch unter Menschen. Und dies in einer Konsequenz der Liebe, die selbst das Leiden und den Tod nicht scheut.

Weihnachten ist noch einmal die Gelegenheit, das Ganze unseres Glaubens zu sagen, zu feiern und in unseren Liedern zu besingen.
Das eignet sich für einen Abschied doch ganz gut.
Und zugleich ist Weihnachten das Fest eines Neubeginns: wir feiern das Kind in der Krippe.
Da will etwas heranwachsen – auch in uns -, das uns verändert.
Warum nicht auch ein Neubeginn in unserer Kirchengemeinde Altenmünster?

Meine Wünsche an Sie alle schließen sich da ganz organisch an: Werden auch wir Menschen der gegenseitigen Zuwendung! Und konzentrie-ren wir uns immer wieder neu auf den Kern unseres Glaubens: „Gott wird Mensch, dir, Mensch zugute.“

 

Ihr Pfarrer Ulrich Wildermuth
Mit herzlichen Segenswünschen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Angedacht 3/2018

 

Liebe Leserinnen und Leser,

es gibt Erlebnisse, die bleiben haften im Gedächtnis und prägen einen für das ganze Leben. So auch bei einer schwäbischen Großfamilie, die im Krieg evakuiert wurde in die Haslachmühle bei Wilhelmsdorf. Viele Familien, Menschen aller Generationen, waren dort untergebracht.
Die Mahlzeiten hat man gemeinsam eingenommen. Eines Tages kamen noch weitere Mitbewohner dazu: ein ganzes ausgebombtes Altersheim ist eingezogen.

Als in jenem Jahr das Getreide ganz ordentlich auf den Feldern stand, kam plötzlich ein heftiges Gewitter und zerstörte die komplette Ernte. Die Menschen standen an den Fenstern und weinten. Der Hausvater musste vermelden: „Heute fällt das Mittagessen aus. Wir müssen erst schauen, woher wir etwas bekommen.“

Eine Mutter aber rief entschlossen: „Komm, wir gehen Pilze suchen. Vielleicht haben wir dann wenigstens für uns etwas.“
Und tatsächlich: im Wald fand sie wider Erwarten viele, viele Ringe von Pilzen. Köstliche Champignons. Die Jungs der Familie wurden zurückgeschickt, um Körbe zu holen.
Und ganze sechs Körbe wurden voll!

Zuhause angekommen stand da auch noch ein Postwagen und darauf ein großer Sack mit Mehl! An den Sack geheftet war ein Zettel mit der Aufschrift „In the name of Christ.“.

 

In einem Lied von Paul Gerhardt lautet eine Strophe:

„Du nährest uns von Jahr zu Jahr,
bleibst immer fromm und treu
und stehst uns, wenn wir in Gefahr geraten, treulich bei.“
EG 324,8

So zu danken und dieses zu bekennen, ist der Sinn des Erntedankfestes.
Auch wenn wir in diesem Jahr durch die große Hitze und Dürre spürbare Einbußen bei der Ernte haben hinnehmen müssen, gibt es dennoch immer noch viel zu danken.
Unser Leben bleibt ein Wunder. Nur durch unsere Undankbarkeit können wir es verderben.

Mit herzlichen Segenswünschen

Ihr Pfarrer Ulrich Wildermuth

 

Angedacht 2/2018

„Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“
Matthäus 28, 19

 

 

Liebe Leserinnen und Leser,

ich freue mich riesig, denn bald beginnt sie wieder: Vom 14. Juni bis 15. Juli wird die 21. Austragung des bedeutendsten Turniers für Fußball-Nationalmannschaften in Russland stattfinden.

In den Straßen werden Flaggen aufgehängt und unterschiedliche Menschen erleben gemeinsam die Turniere in den Stadien oder auf den Bildschirmen.

In den Biergärten genießen viele ein kühles Helles und verfolgen fieberhaft die Spiele unserer Nationalmannschaft. Der Eine oder andere wird dabei zum Fußballexperten oder würde sogar selbst gerne die Trainerrolle übernehmen.

In der Regel wird bei einer Übertragung über die Schiedsrichterentscheidungen gesprochen oder über die sogenannte „Abseitsfalle“.

Als ich bei der letzten WM ein Spiel der Nationalmannschaft mitfiebernd erlebte, sagte ein Freund: „Du musst das Abseits als Spieler im Bauch haben und fühlen!“

 

Das konnte damals ich nicht verstehen, aber dafür weiß ich genau, wann Menschen in unserem Alltag im Abseits stehen. Was leider immer schneller passiert als es uns recht ist.

Du bist im Abseits, wenn die Klassenkameraden, die Nachbarin, die Menschen in unserem Ort nicht mehr mit dir reden, sondern sich nur noch den

Mund über dich zerreißen. Oder wenn sie dich bei den verschiedensten Gelegenheiten schlecht machen. Da stehst du klar im Abseits. Du bist alleine und wirst zurückgepfiffen.

Wie beim Fußball kann man auch im Leben plötzlich aus vollem Lauf im Abseits stehen. In diesem Moment fühlt man sich komplett allein auf dem Platz.

Bei Gott sieht das zum Glück hundertprozentig anders aus. Er ist kein strenger Schiedsrichter, der uns zurückpfeift. Für Gott gibt es kein Abseits.

In der Taufe hat Gott uns sein Versprechen geben, dass wir seine geliebten Kinder sind und er bei uns ist und uns nie alleine im Abseits stehen lässt:

 

„Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“.

 

Diese Zusage macht Mut!

Gott stellt sich zu den Menschen, die im Abseits stehen. Und auch als sein Sohn selbst im Abseits der Menschen stand und verachtet und ausgegrenzt wurde, war Gott bei ihm.

Gott hält zu uns, gerade auch wenn wir im Abseits sind, steht uns bei und hält uns. Darauf kann ich mich verlassen und diese Zusage gilt für uns alle: Gott hat kein Abseits. Niemals sind wir bei ihm unten durch. Er holt uns heraus und gibt Kraft und Halt. Dann kann ich wieder mitspielen und wieder teilnehmen.

 

 

Mit herzlichen Segenswünschen

Ihr Vikar Steffen Hoinkis

 

Angedacht 1/2018

Liebe Leserinnen und Leser,

Menschen kreuzen den Kreuzweg Jesu. Vielfältig und verschieden sind die Möglichkeiten, sich zu Jesu Leiden zu stellen.


Man kann es heraufbeschwören wie der Widersacher Judas. An ihn erinnern in unserem Ostergarten der Geldbeutel und der Abendmahlskelch.
Man kann selbst versagen angesichts dieses Leidens wie Petrus, der seinen Herrn verleugnet.
An ihn erinnern die Schlüssel und der Hahn.
Man kann aber auch versuchen, selbst ein Stück auf diesem Weg Jesu mitzugehen, Jesus ein wenig von seiner Last abzunehmen, selbst ein wenig von dieser großen Liebe zu leben, die uns allen in Jesus widerfährt.

Diese letzte Möglichkeit ist das, was Simon von Kyrene getan hat.
Die Bibel weiß nicht viel von ihm zu berichten. Die Andeutungen in den Evangelien sind spärlich. Noch am ausführlichsten berichtet Markus. Er schreibt:

Und sie führten ihn hinaus, dass sie ihn kreuzigten. Und zwangen einen, der vorüberging, mit Namen Simon von Kyrene, der vom Feld kam, den Vater des Alexander und des Rufus, dass er ihm das Kreuz trage. Und sie brachten ihn zu der Stätte Golgatha, das heißt übersetzt: Schädelstätte. (Markus 15,20ff)

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Angedacht 4/2017

 

Jahreslosung 2018

 

 

Gott spricht:

Ich will dem Durstigen geben von der
Quelle des lebendigen Wassers umsonst.

Offenbarung 21,6

 

 

 

Liebe Leserinnen und Leser,

 

ich freue mich, denn bald beginnt sie wieder: die besinnliche, ruhige und mit warmen Kerzen beleuchtete Adventszeit.

 

Aber wann war die Adventszeit das letzte Mal für Sie ruhig und besinnlich? Häufig sind wir bereits Ende November auf der Suche nach Geschenken. Die Geschenke werden immer größer und teurer. So gaben wir im Jahr 2016 im Durchschnitt etwa 280 € für Geschenke aus. Wieviel wird es dieses Jahr sein? Was ist mit den Menschen, die bei diesen Konsumschlachten nicht mithalten können?

Die es sich nicht leisten können teure Geschenke zu machen?

 

 

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500 JAHRE REFORMATION 2017

Ein neuer Blick auf Luther

Wie seltsam: Da hat man einen deutschen Festtag, an dem man ein halbes Jahrtausend Weltveränderung feiern kann, aber vielen ist nicht zum Feiern zumute.

Noch seltsamer: Da hat man einen Mann, der auf der ganzen Welt als großer Deutscher verehrt wird, aber sein eigenes Land hat zu viel an ihm auszusetzen, um ihn wirklich zu mögen.

Über den Reformator, der jahrhundertelang zu den populärsten Deutschen zählte, rümpfen viele heute die Nase.

Zu Unrecht. Denn das ablehnende Bild, das man von Martin Luther zeichnet, stimmt nicht. Nicht Fakten folgt es, sondern vorgegebenen Deutungsmustern. Die moderne Abrechnung hat in Wahrheit nicht ihn demontiert, sondern nur das falsche Bild, das man von ihm zeichnete. Entmythologisiert wurde nur der Mythos, ihn selbst verlor man aus dem Auge. Die einen hoben ihn auf den Sockel, von dem die anderen ihn stürzten. Er selbst wollte nie aufs Podest, und von Denkmälern, vor denen man die Knie beugt, hielt er ohnehin nichts. In jenem talartragenden Bronzekoloss mit der Bibel unterm Arm hätte er sich nicht wiedererkannt.

Gewiss gab es den bissigen Reformator, der in seinem Prophetenzorn keinem Streit aus dem Weg ging. Dafür brachte er die Heiterkeit in die Religion zurück. 

 

 

 

Den Gläubigen, dem die „Freiheit eines Christenmenschen“ aufging, konnte er sich gar nicht anders vorstellen, als dass er am liebsten in die Luft gesprungen wäre. Ja, so sagte er, „es wäre kein Wunder, wenn es ihn vor Freude zerrisse“. Den Bierernst der Theologen wie die Steifheit der Kleriker hielt er für lächerlich. Sein Gott war kein zorniger, sondern ein „lachender Gott“. Und deshalb musste jeder Christ ein „fröhlicher Mensch“ sein. Luther ist nicht von gestern.

Vor fünfhundert Jahren hat er Fragen beantwortet, die wir uns heute wieder stellen müssen, ob es uns angenehm ist oder nicht. Über unsere von sich selbst besessene Gesellschaft, in der nur das Ich, seine Facebook-Likes und seine Vermögensbildung zählen, hätte er den Kopf geschüttelt. Der Reformator machte sich nichts aus sich selbst. „Ich bitte“, so mahnte er, „man möge von meinem Namen schweigen und sich nicht lutherisch, sondern Christ nennen.“ Sein letzter Satz lautete denn auch nicht: „Hoch lebe das Luthertum!“, sondern: „Wir sind Bettler.“

 

Aus dem Vorwort zu Joachim Köhler:
Luther! Biographie eines Befreiten.
Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2016.
www.eva-leipzig.de