Angedacht 1/2020
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- Zuletzt aktualisiert: Sonntag, 29. März 2020 14:16
„Sieben Wochen ohne – sieben Wochen anders“
Liebe Leserinnen und Leser,
Die Zeit von Aschenmittwoch bis Karsamstag ist Fastenzeit. Was bei katholischen Christen schon lange praktiziert wird, kommt auch, bei evangelischen Christen immer mehr, „in Mode“. Der neue Begriff für Fastenzeit heißt SIEBEN WOCHEN OHNE und bedeutet, sieben Wochen bewusst auf etwas zu verzichten. Manche essen sieben Wochen lang kein Fleisch. Manche verzichten sieben Wochen lang auf Süßes. Manche trinken sieben Wochen lang keinen Alkohol. Sehr unterschiedlich gestalten Menschen diese SIEBEN WOCHEN OHNE. Dabei geht es ihnen nicht darum, sich weh zu tun, sich Verzicht abzuringen, sich Disziplin aufzuerlegen. Es geht darum, einmal sieben Wochen lang einen andern Weg zu gehen; etwas anders zu machen und neue Möglichkeiten auszuprobieren.
SIEBEN WOCHEN OHNE – SIEBEN WOCHEN ANDERS heißt: Ich ändere einmal probehalber meine Gewohnheiten. Ich teste neue Möglichkeiten. Ich bin so frei. Ich gehe die Dinge, die mir zur Last werden können, versuchsweise einmal anders an. Da fährt zum Beispiel einer sieben Wochen lang nicht mit dem Auto, sondern mit dem Bus zur Arbeit. Er merkt: Das funktioniert. Er braucht länger, aber er hat jetzt Zeit zum Lesen. Er trifft andere Menschen. Er kommt entspannter am Arbeitsplatz an.
Ein anderer verzichtet auf das eine oder andere Glas Wein am Abend. Er versucht sich anders zu entspannen. Er merkt, wie schwer ihm das fällt; wie sehr er sich schon an den allabendlichen Alkohol gewöhnt hat. Gut, dass er nun lernt, auf Alkohol zu verzichten, solange es noch geht.
Einer, den sein Beruf aufzufressen droht, nimmt sich vor, jeden Tag für eine Stunde einen Spaziergang zu machen – sieben Wochen lang, obwohl die Arbeit schreit. Manchmal geht seine Frau mit. Manchmal ein Freund. Zweimal auch schon sein Sohn. Für sie ist es ungewöhnlich, Zeit für einander zu haben, etwas zusammen zu unternehmen. Er spürt, wie gut ihm das tut. Darauf will er auch nach den SIEBEN WOCHEN OHNE nicht mehr verzichten.
Eine Frau, die oft einsam ist, nutzt die sieben Wochen, ihr Schneckenhaus zu verlassen. Sie lädt Menschen ein, lässt sich einladen und nimmt an einem Aquarellkurs der Volkshochschule teil.
In unserer Kirchengemeinde trifft sich in den sieben Wochen vor Ostern eine Gruppe, die an der „Fastenaktion für Klimaschutz & Klimagerechtigkeit“ der Katholischen und der Evangelischen Kirche teilnimmt. In dieser Gruppe werden u.a. Themen wie „Ökologischer Fußabdruck“, Fragen zu unserem Energieverbrauch und zu unserer Mobilität besprochen, und was wir ändern können, um die Schöpfung zu schonen.
SIEBEN WOCHEN ANDERS - mit ihnen soll sich niemand überfordern. Es ist genug, es einmal für sieben Wochen anders zu machen, sieben Wochen lang einen anderen Weg zu gehen. Dabei kann eine Spur gelegt werden, in der ich mich auch nach den sieben Wochen noch bewegen möchte: Hin und wieder mit dem Bus zur Arbeit; weiterhin regelmäßig Bewegung an der frischen Luft, das könnte das Ergebnis von SIEBEN WOCHEN OHNE sein. Für viele, die an dieser Fastenaktion teilnehmen, werden die SIEBEN WOCHEN OHNE oft zu SIEBEN WOCHEN MIT - zu einer Zeit mit mehr Lebensqualität, mit mehr Lebensenergie und mit mehr Lebensmöglichkeit. Das ist gut so, denn Gott will nicht, dass wir unser Leben lebensfeindlichen Gewohnheiten opfern. Er will nicht, dass wir uns auffressen lassen. Er will, dass wir leben. Das ist die Botschaft von Ostern.
Für das ganze Redaktionsteam ,
Ihr Pfarrer Jörg Scheerer